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Etwa die Hälfte aller Österreicher hat bereits einmal ein Burnout-Syndrom erlebt oder zeigt aktuell Symptome. Da diese psychosomatische Krankheit besonders Erwerbstätige betrifft, ist Burnout auch für Arbeitgeber ein relevantes Thema. Wer die Risikofaktoren kennt und gezielte Methoden anwendet, kann oft eine langanhaltende Episode vorbeugen. Betroffene, Angehörige und Arbeitgeber fragen sich dabei unter anderem: Wie äußern sich Burnout-Symptome körperlich? Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es? Ist Burnout eine anerkannte Krankheit? Wie lange dauert die Erholung, und welcher Arzt kann helfen? Dieser Beitrag beantwortet diese Fragen, definiert Burnout und zeigt mögliche Therapien sowie Präventionsmaßnahmen auf.
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Burnout – Definition
Ein Burnout-Syndrom entsteht, wenn langanhaltende Belastungen zur Überforderung führen – nicht nur im Beruf, auch durch private Belastungen wie die Pflege eines Angehörigen. Burnout ist durch körperliche und emotionale Erschöpfung gekennzeichnet und wird in der ICD-10 unter „Probleme bei der Lebensbewältigung“ eingeordnet. Unbehandelt kann es zu Panikattacken, Depressionen und einem völligen Zusammenbruch führen. Am Arbeitsplatz sind besonders Stressfaktoren wie Multitasking, Überlastung, Konkurrenz, fehlendes Feedback und eingeschränkter Handlungsspielraum problematisch. Typische Burnout-Symptome sind:
- Berufliche Ineffektivität („Schaffe ich das noch?“)
- Emotionale Erschöpfung
- Distanzierung und Zynismus (Depersonalisation)
Burnout – Symptome
Die Ursachen und Anzeichen für ein Burnout sind vielfältig, denn Stress und Erschöpfung ist etwas individuell Empfundenes. Doch insbesondere diese drei Symptome sprechen für ein Burnout, vor allem wenn sie gleichzeitig auftreten:
- Erschöpfung: Betroffene fühlen sich überfordert, ausgelaugt und antriebslos, sind oft müde und niedergeschlagen. Viele haben zudem körperliche Beschwerden, zum Beispiel unspezifische Schmerzen, Magen-Darm-Probleme oder Schlafstörungen.
- Entfremdung von der eigenen Tätigkeit: Menschen mit einem Burnout erleben ihre Arbeit als frustrierend. Sie verlieren ihre Empathie, stumpfen ab und entwickeln eine zynische Haltung ihren Mitmenschen und Aufgaben gegenüber. Diese geht oft mit Verbitterung und starker emotionaler Distanz einher.
- Verminderte Leistungsfähigkeit: Betroffene haben meist Probleme, sich zu konzentrieren und sich Dinge zu merken. Sie fühlen sich lustlos, es mangelt ihnen an Ideen und Kreativität und es fällt ihnen schwer, Entscheidungen zu treffen.
Selbsttest: Burnout erkennen
Zur Erfassung von Burnout-Symptomen gibt es einige Selbsttests, wie zum Beispiel von der Fachklinik für Psychosomatik Friedenweile. Die Fragen werden beantwortet mit trifft fast nie zu bis trifft (fast) immer zu. Häufiges Zutreffen weist auf ein erhöhtes Burnout-Risiko hin. In diesem Selbsttest gibt es Fragen zu folgenden Kategorien:
- Stress und Überlastung
- Beispielfrage: Fühle ich mich oft erschöpft, überlastet und energielos?
- Emotionale Erschöpfung
- Beispielfrage: Habe ich das Interesse an meiner Arbeit oder an meinen Kollegen verloren?
- Selbstwahrnehmung und Kontrolle
- Beispielfrage: Fühle ich mich machtlos, meine Situation zu verändern oder bekomme ich zu wenig Anerkennung für meine Leistungen?
- Soziale Probleme
- Beispielfrage: Erlebe ich Konflikte oder fehlende Unterstützung am Arbeitsplatz oder im Privatleben?
Hinweis: Dieser verkürzte Test ersetzt keine medizinische Diagnose, zeigt aber, in welchen Bereichen Stressoren liegen und wo Handlungsbedarf besteht.
Burnout – Ursachen
Belastende Situationen zu Hause oder im Beruf können Menschen an ihre Grenzen bringen. Ob eine Situation als stressig erlebt wird, hängt stark von der subjektiven Wahrnehmung ab: Manche bewältigen dauerhafte Überforderung als Herausforderung, andere fühlen sich energielos und ausgebrannt. Typische Ursachen für Burnout sind unter anderem dauerhafte Überlastung, Zeit- und Leistungsdruck, hohe Erwartungen an sich selbst, eingeschränkter Handlungsspielraum, unbefriedigendes Arbeitsklima, Konflikte und fehlende Unterstützung. Ursachen lassen sich in vier Bereiche einteilen:
- Beruf: Zeitdruck, mangelnder Handlungsspielraum, unzureichendes Führungsverhalten
- Privatleben: Pflegepflichten, finanzielle Engpässe, Konflikte
- Person: Perfektionismus, Schwierigkeiten beim Abgrenzen, fehlende Erholung
- Gesellschaft: hohe Leistungsanforderungen, unrealistische Rollenbilder, Arbeitsmarktsituation
Burnout – Prävention
Zur Prävention des Burnouts ist es wichtig, Möglichkeiten zur Entspannung und Erholung zu finden und die persönlichen Ziele und Werte im Job sowie zuhause regelmäßig zu reflektieren. Jedes der vier oben genannten Felder birgt eigene Stressfaktoren, die sich auf unterschiedliche Weise bemerkbar machen. Auch die Lösungs- und Bewältigungsstrategien dafür können ganz unterschiedlich aussehen: In medizinischen und sozialen Berufen sind die Teilnahme an Supervisions- und Selbsterfahrungsgruppen möglicherweise hilfreich. Darüber hinaus können Weiterbildungsmaßnahmen und ein berufliches Coaching sinnvoll sein. Ziel aller Maßnahmen ist, eine gesunde Work-Life-Balance zu finden.
Besonders sollte man auf Faktoren achten, die man beeinflussen kann, um einem Burnout vorzubeugen: Kann man Überstunden reduzieren oder Aufgaben delegieren? Gibt es private Stressoren, die man zumindest vorübergehend ausklammern kann? Am besten wird man präventiv zum Beispiel durch Sport oder Yoga sowie Gespräche mit Freunden tätig. Wer sich beispielsweise den Stress von der Seele redet oder läuft, beugt aktiv vor.
Phasen von Burnout
Burnout ist nicht gleich Burnout. Denn es gibt verschiedene Stufen und Stadien des Krankheitsbilds. Der Psychologe Herbert Freudenberger und die Autorin Gail North haben ein Phasenmodell entwickelt, das zwölf Stufen von Burnout beschreibt:
| Phase | Kurzbeschreibung | Beispiel |
| 1. Zwang, sich zu beweisen | Begeisterung für Arbeit, hohe Erwartungen an sich, Vernachlässigung eigener Grenzen | Abends freiwillig länger arbeiten, Pausen ignorieren |
| 2. Verstärkter Einsatz | Übernahme neuer Aufgaben, unbezahlte Überstunden, Gefühl der Unentbehrlichkeit | Arbeitet am Wochenende oder in der Urlaubszeit zusätzlich |
| 3. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse | Chronische Selbstvernachlässigung, Schlafprobleme, verstärkter Konsum von Kaffee/Zigaretten | Regelmäßig zu wenig schlafen und viel Kaffee trinken |
| 4. Verdrängung von Konflikten | Fehlleistungen, Aufgabe von Hobbys, Energiemangel | Termine vergessen, Aufgaben verpassen, Sport aufgeben |
| 5. Umdeutung von Werten | Abstumpfung, soziale Kontakte meiden, Partnerprobleme | Von Freunden zurückziehen, Gespräche mit Partner meiden |
| 6. Verstärkte Verleugnung | Gefühl mangelnder Anerkennung, „innere Kündigung“, vermehrte Fehlzeiten | Zu spät zur Arbeit kommen, nur Pflichtaufgaben erledigen |
| 7. Rückzug | Hoffnungslosigkeit, Ersatzbefriedigung, psychosomatische Beschwerden | Übermäßiges Essen oder Alkohol, Herzrasen, Ohnmachtsgefühle |
| 8. Deutliche Verhaltensänderung | Selbstmitleid, Einsamkeit, verringerte Initiative, flaches soziales Leben | Kollegen meiden, ärgerlich auf Hilfsangebote reagieren |
| 9. Verlust des Gefühls für Persönlichkeit | Entfremdung, automatisches Funktionieren, verstärkte psychosomatische Beschwerden | Innerlich leer fühlen, mechanisch ohne Freude arbeiten |
| 10. Innere Leere | Wechsel zwischen starken Emotionen und innerem Abgestorbensein, Phobien | Panikattacken, exzessives Verhalten (zum Beispiel Essen) |
| 11. Depression und Erschöpfung | Hoffnungslosigkeit, tiefe Erschöpfung, Selbstmordgedanken | Dauerhafte Müdigkeit, Gedanken an Selbstverletzung |
| 12. Völlige Burnout-Erschöpfung | Lebensgefährliche Erschöpfung, körperliche Krankheiten, Suizidalität | Starke körperliche und psychische Zusammenbrüche, akute Gefahr für Leben |
Bei Stufe 4 bis 8 ist eine Beratung sinnvoll, da sowohl die körperliche und geistige Gesundheit als auch das soziale Leben betroffen sein können. Ab Stufe 9 sollte eine Psychotherapie in Erwägung gezogen werden. Ab Stufe 11 ist wegen der akuten Gesundheitsgefährdung zusätzlich eine ärztliche Behandlung notwendig.
Burnout – Darüber sprechen
Selbst bei Burnout im Anfangsstadium sollte man sich anderen mitteilen. Egal, ob Euphorie, Überforderung, Einsamkeit oder Erschöpfung – wer sich jemandem anvertraut und über Probleme spricht, kann etwa Ideen für Veränderungen bekommen sowie das Gefühl des Alleingelassenseins reduzieren.
Burnout am Arbeitsplatz
Bemerkt man Symptome von Burnout, sollte man dies dem Vorgesetzten mitteilen – idealerweise in einem kurzen, persönlichen Gespräch mit konkreten Vorschlägen zur Entlastung. Arbeitgeber, die selbst betroffen sind oder Fälle im Team wahrnehmen, sollten offen kommunizieren, um das Thema zu enttabuisieren und Mitarbeiter zur Selbstkontrolle zu ermutigen. Zusätzlich können präventive Maßnahmen wie Gesprächsangebote, Sport- und Entspannungsaktivitäten (Yoga, Tai-Chi, Meditation) oder Power Naps im Büro die Gesundheit und Leistungsfähigkeit fördern.
Welche Fachärzte können Betroffenen helfen?
Die erste Ansprechstelle ist der Allgemein- beziehungsweise Hausarzt. Da Burnout mittlerweile eine häufige Diagnose ist, kennen sie die Anzeichen und können Hilfe leisten. Wenn die Symptome jedoch gravierend sind, sollte man sich direkt an einen Psychologen oder Psychotherapeuten wenden. Befindet man sich in einem Stadium von Burnout ab Stufe 11 (zum Beispiel Selbstmordgedanken), muss unverzüglich Hilfe gesucht werden. Die Seelsorge ist über den Notruf 142 jederzeit erreichbar. Außerdem haben Psychiatrische Kliniken Notfallambulanzen, die man Tag und Nacht aufsuchen kann.
Was Partner tun können
Als Partner eines von Burnout Betroffenen kann man durch Zuhören und Entlasten helfen. Man kann zum Beispiel das Einkaufen, den Haushalt oder ähnliches übernehmen, damit zumindest privat etwas Druck wegfällt. Die Grenzen sind jedoch erreicht, wenn der Partner zum Beispiel oft weint, sich hilflos fühlt oder gar von Selbstmordgedanken spricht. In diesem Fall sollte man unbedingt professionelle Hilfe holen.
Zahlen und Fakten in Österreich
Eine Umfrage der Gewerkschaft GPA im Jahr 2024 zeigt:
- 30,6 Prozent der Befragten unterliegen keiner oder einer schwachen Belastung
- 32,9 Prozent der Befragten sind moderat belastet
- 36,4 Prozent der Befragten sind stark belastet
- Insbesondere die Gefährdung für den Aspekt der Depersonalisierung ist stark ausgeprägt
Besonders gefährdete Berufsgruppen
Hohes Risiko haben vor allem Menschen in Führungspositionen und Helferberufen, insbesondere dort, wo es zu zwischenmenschlichen Extremsituationen kommt. Dazu zählen:
- Medizin und Pflege: Pflegekräfte, Rettungsdienste
- Soziale und pädagogische Berufe: Lehrer, Sozialarbeiter, Erzieher
- Dienstleistungs- und Verkaufsbereiche: Gastronomie, Verkauf
Wichtig: Burnout kann zu Arbeitsunfähigkeit und in schweren Fällen zu Suizid führen. Professionelle Hilfe und gezielte Bewältigungsstrategien sind entscheidend.
Burnout – Behandlung, Dauer und Krankschreibung
Burnout kann Wochen bis Monate andauern, die Behandlung umfasst Stressreduktion, therapeutische oder ärztliche Unterstützung und gegebenenfalls Medikamente. In schweren Fällen ist ein Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik nötig. Krankmeldungen erfolgen meist im Zwei-Wochen-Rhythmus, maximal kann Krankengeld bei mindestens sechs Monaten Versicherung innerhalb des letzten Jahres bis zu 52 Wochen bezogen werden.
Medikamente
Es gibt keine spezifischen Medikamente gegen Burnout. Leidet die betroffene Person aber unter Symptomen einer Depression, können Antidepressiva, zum Beispiel Cipralex oder Sertralin, eingesetzt werden. In jedem Fall muss ein Arzt hinzugezogen werden.
Weitere Behandlungsmethoden
Darüber hinaus gibt es bei Burnout drei verschiedene Ansatzpunkte zur Behandlung:
- Psychotherapeutische Therapie: Stationäre oder ambulante Behandlung durch Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten. Medikamentöse Unterstützung ist möglich, aber nicht zwingend. Ziel: Grundlagen der Erkrankung bearbeiten.
- Psychologische Beratung: Unterstützung bei Lebenskrisen, Förderung von Wohlbefinden und Problemlösefähigkeit; durchgeführt von Psychiatern, Psychologen, Psychotherapeuten oder Lebens- und Sozialberatern.
- Orthomolekulare Therapie: Einsatz von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen zur Wiederherstellung körperlicher und psychischer Balance; Wirksamkeit wissenschaftlich umstritten.
- Burnout-Test, www.muenchen-klinik.de//burnout/... (Abrufdatum: 10.08.2022)
- Burnout, www.therapie.de//info/... (Abrufdatum: 11.08.2022)
- Die 12 Stufen des Burnout-Syndroms, www.koerper-psychotherapie.at/burnout-12stufen.pdf (Abrufdatum: 12.08.2022)




