
Inhaltsverzeichnis
Viele Menschen kennen das Gefühl, dass ihnen hin und wieder die Hand einschläft, sich taub anfühlt und kribbelt. Personen mit einem Karpaltunnelsyndrom haben ähnliche Beschwerden – nur kehren sie immer wieder und werden oft von Schmerzen begleitet. Der folgende Artikel behandelt diese Störung, erklärt die Ursachen, Symptome und die Behandlungsmöglichkeiten samt Prognose.
Inhaltsverzeichnis
Karpaltunnelsyndrom – Definition
Der Karpaltunnel ist eine U-förmige Stelle an der Innenseite des Handgelenks, das durch die Handwurzelknochen und ein straffes Band (Retinaculum flexorum), das als Dach fungiert, gebildet wird. Durch diesen Kanal verläuft der Mittelhandnerv. Beim Karpaltunnelsyndrom wird dieser Nerv im Karpaltunnel eingeklemmt und geschädigt. Als Folge können Schmerzen und Missempfindungen, wie Kribbeln in den Fingern, Taubheitsgefühle, Funktionsstörungen oder sogar Lähmungen auftreten. Das Karpaltunnelsyndrom tritt meist bei Menschen zwischen 40 und 70 Jahren auf, wobei Frauen tendenziell häufiger betroffen sind als Männer.
Karpaltunnelsyndrom – Symptome
Im Anfangsstadium des Karpaltunnelsyndroms berichten Betroffene meist von neurologischen Symptomen, die gehäuft nachts auftreten: Gefühlsstörungen und Missempfindungen, wie Kribbeln oder Taubheit der Finger, gehen einher mit Schmerzen an Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger und der Daumenseite des Ringfingers. Oftmals bessern sich die Beschwerden durch das Ausschütteln der Hände, oder das Eintauchen der Finger in kaltes Wasser.
Bei fortschreitender Krankheit dehnen sich die Missempfindungen nach und nach bis in die Schulter aus. Alltägliche Tätigkeiten, wie Telefonieren, Zeitunglesen oder Fahrradfahren fallen den Betroffenen dann immer schwerer. Ein permanentes Gefühl von Taubheit in den Händen führt zum Verlust der Fingerfertigkeit und Fingergeschicklichkeit, das sich beispielsweise beim Öffnen und Schließen von Knöpfen bemerkbar macht. Im Extremfall ist die Schädigung im Mittelarmnerv so groß, dass sich der Muskel des Daumenballens, der von diesem Nerv versorgt wird, zurückbildet. Betroffenen fällt dann selbst das Halten einer Tasse mit der Hand schwer.
Karpaltunnelsyndrom – Ursachen
Grundsätzlich gilt, dass ein Karpaltunnelsyndrom entsteht, wenn der Gewebedruck im Karpaltunnel ansteigt und es somit zu einer Überlastung des Tunnels kommt. Eine solche Druckerhöhung ist in der Regel die Folge von einem Missverhältnis zwischen Tunnelweite bzw. Tunnelkapazität und seinem Inhalt (Sehnen und Nerven). Zu hohe Spannungen in Muskeln, Sehnen und Faszien, aber auch Entzündungen und Wasseransammlungen führen dazu, dass das Gewebe in und um den Karpaltunnel anschwillt und damit Druck im Karpaltunnel erzeugt. Durch die Druckbelastung wird die Durchblutung abgedrückt und der Nerv fokal geschädigt.
Während eine Druckerhöhung im Karpaltunnel auch aufgrund von Diabetes, Hypothyreose, hormonellen Veränderungen oder bei Entzündungsprozessen rheumatischer Erkrankungen entstehen kann, sind es vor Allem einseitige Bewegungsmuster, die ein Karpaltunnelsyndrom verursachen. Dazu gehören:
- Sich wiederholende Bewegungen und Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Hände im Handgelenk
- Erhöhter Kraftaufwand der Hände, beispielsweise durch kraftvolles Greifen
- Das Wirken von Hand-Arm-Schwingungen, beispielsweise durch vibrierende Maschinen, wie Motorsägen oder Steinbohrer, die zu einer Überlastung führen
Deshalb sind einige Berufsgruppen, wie Fließbandarbeiter, Forstarbeiter, Kassierer oder auch Büroarbeiter besonders gefährdet, ein Karpaltunnelsyndrom zu entwickeln. In Österreich wird es bis dato allerdings nicht als Berufskrankheit anerkannt.
Stellenangebote
Diagnosestellung
Es gibt eine Reihe von Tests, die Ärzte bei Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom durchführen können. Bei diesen Untersuchungen wird in der Regel die Motorik und Sensorik in der Hand überprüft. Neben der Inspektion, bei der eventuelle Haut- und Nagelveränderungen (zum Beispiel eine verminderte Schweißsekretion), ein möglicher Schwund des Daumenballenmuskels und der Palpation, bei der die Oberflächensensibilität der Hand (beispielsweise durch Berührungen mit einem Wattebausch) geprüft wird, gibt es verschiedene Funktionsuntersuchungen, die auf eine Abduktions- und Oppositionsschwäche der Finger hinweisen.
Dazu gehört beispielsweise das Flaschenzeichen, bei dem ein rundes Gefäß nicht mehr vollständig von den Fingern einer Hand umgriffen werden kann. Auch Schmerzprovokationstests, wie das Beklopfen des Karpaltunnels (Hoffmann-Tinel-Zeichen) und die forcierte Dorsalextension des Handgelenks über längere Zeit (Phalen-Test) eignen sich, um ein Karpaltunnelsyndrom nachzuweisen. Der Phalen-Test ist hier besonders aufschlussreich, da er schon im Anfangsstadium eines Karpaltunnelsyndroms positiv ausfällt. Die Elektroneurographie gilt als zuverlässiger und objektiver Nachweis eines Karpaltunnelsyndroms. Dabei wird die Nervenleitgeschwindigkeit des Medianus-Nervs gemessen, wodurch sich Rückschlüsse auf die Schädigung von Nervenfasern und den Zustand des Gewebes rund um den Nerv ziehen lassen.
Begleiterkrankungen
Eine häufige Begleiterkrankung eines Karpaltunnelsyndroms ist die Tendovaginosis stenosans, eine chronische Überbelastung der Handbeuger, die häufig bei Klavierspielern, Sportlern, Handwerkern oder Personen, die länger am Computer arbeiten, auftritt.
Karpaltunnelsyndrom – Behandlung
Ein Karpaltunnelsyndrom kann sowohl konservativ, als auch operativ behandelt werden.
Konservative Therapien
Sind die Beschwerden nur gering ausgeprägt oder treten die Schmerzen vorwiegend nachts auf, kann ein Karpaltunnelsyndrom zunächst konservativ behandelt werden. Einerseits kann eine speziell gepolsterte Schiene die Handgelenke von Betroffenen nachts ruhigstellen um den Reizzustand zu vermindern. Die Ruhigstellung muss allerdings oft über Monate hinweg erfolgen, bevor eine nachhaltige Linderung der Schmerzen eintritt.
Andererseits können Kortison-Spritzen in den Karpaltunnel ebenfalls kurzzeitig zur Besserung der Beschwerden beitragen. Diese Maßnahme ist allerdings zeitlich begrenzt und ist erwiesenermaßen keine nachhaltige Lösung des Problems. Ebenso wenig können Schmerzmittel oder Vitamin B6-Präparate langfristig die Beschwerden lindern.
Operative Therapien
Bei Versagen der konservativen Therapie, beziehungsweise bereits vorliegenden Zeichen einer Nervenschädigung (beispielsweise einem deutlichen Schwund des Thenarmuskels oder anhaltender Gefühllosigkeit der Finger) wird eine operative Therapie des Karpaltunnelsyndroms angeraten. Bei einer solchen OP durchtrennt der Operateur mit einem Schnitt das Karpalband (Retinaculum flexorum), um mehr Platz für den Nerv und das umliegende Gewebe zu schaffen. Der Eingriff kann heute auch endoskopisch durchgeführt werden und findet meist ambulant statt.
Karpaltunnelsyndrom – Nachbehandlung und Erfolgsaussicht
Grundsätzlich gilt, dass bei symptomatischem Karpaltunnel eine OP eher früher als später angestrebt werden sollte, um die Heilungsaussichten nicht zu schmälern. Denn Studien belegen, dass ein längeres Intervall (> 3 Jahre) zwischen Symptombeginn und operativer Therapie mit einer Verschlechterung der Prognose einhergeht. Dagegen berichten rund 80 Prozent aller Patienten, die sich einer operativen Therapie zur Behandlung des Karpaltunnelsyndroms unterziehen mussten, von einer deutlichen Besserung ihrer Symptomatik nach dem Eingriff.
Stellenangebote
Karpaltunnelsyndrom – Prävention
Wenn ein Karpaltunnelsyndrom symptomatisch wird, ist eine Ruhigstellung des betroffenen Handgelenks meist die beste Möglichkeit, die Schmerzen zu lindern und die Entzündungsreaktion schnell in den Griff zu bekommen. Damit es aber gar nicht erst zu Beschwerden kommt, gibt es eine Reihe an Dehnungsübungen, die einfach zu Hause ausgeführt werden können, um Risikofaktoren (wie beispielsweise einseitige Büroarbeit) auszugleichen, Muskulatur und Sehnen zu kräftigen und Überlastung zu reduzieren. Jede Übung sollte mindestens einmal täglich an sechs Tagen die Woche für zwei bis zweieinhalb Minuten ausgeführt werden.
Übungen für die Handstrecker und –beuger
- Mit einer kleinen Kugel (Durchmesser etwa drei bis fünf Zentimeter) in kreisenden Bewegungen über das Handgelenk bis in die Handflächen hinein rollen. Bei Spannungen oder Schmerzen etwas länger verweilen und die Stellen kreisförmig abrollen.
- Eine kleine festere (Schaumstoff-)Rolle auf einem flachen Untergrund platzieren. Die Fingerspitzen der betroffenen Hand darauf legen und mit der anderen Hand von oben Druck ausüben. Dann langsam über die Handfläche und das Handgelenk bis zum Unterarm rollen. Die Hand wenden und das Gleiche mit dem Handrücken wiederholen.
Dehnung des Handbeugers
- Im Vierfüßlerstand die Hand so drehen, dass die Finger zu den Knien zeigen und das Handgelenk nach vorne schaut. Der Daumen sollte möglichst nah zu den anderen Fingern herangezogen sein. Das Handgelenk wird gedehnt und die Spannung auf dieses erhöht.
- Variante: Die Handgelenke heben sich ab und die Finger bleiben flächig am Boden liegen. Mit der freien Hand nun zusätzlich am Daumen ziehen.
Passende Jobs
Passende Jobs in der Orthopädie findet man auf Medi-Karriere. Hier gibt es Jobs als Orthopädietechniker, Jobs als Orthopädieschuhmacher und Stellenangebote für DGKP.
- Karpaltunnelsyndrom, https://www.gesundheit.gv.at/... (Abrufdatum: 24.05.2024)
- Karpaltunnelsyndrom, https://www.gesundheitsinformation.de/... (Abrufdatum: 24.05.2024)
- Höpfner et al. (2016): Begutachtung der neuen Berufserkrankung Karpaltunnelsyndrom BK 2113. In: Trauma und Berufskrankheit, S. 61. (Abrufdatum: 24.05.2024)
- Genova et al. (2020): Carpal Tunnel Syndrome: A Review of Literature. In: Cureus 12 (3). (Abrufdatum: 24.05.2024)
- Friedebold et al. (2009): Das Karpaltunnelsyndrom – eine klinische Übersicht. In: Zentralblatt 8/2009, S. 244. (Abrufdatum: 24.05.2024)