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Anästhesie bedeutet, den Körper oder eine bestimmte Körperregion für gewisse Zeit in einen Zustand ohne Schmerzempfinden zu versetzen, um Eingriffe oder Behandlungen durchführen zu können. Der Begriff leitet sich aus dem Altgriechischen „anaisthesía” für „Empfindungslosigkeit” ab. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Anästhesie oft mit Narkose gleichgesetzt. Die Medizin verwendet den Begriff meist nur für Vollnarkose. Die moderne Anästhesie ist mit der Äthernarkose im 19. Jahrhundert entstanden. Schmerzfreie Behandlungen versuchte man aber schon lange vorher mit natürlichen Narkotika. Beliebte Mittel waren dafür Alraune, Bilsenkraut, Mohn, Opium, Tollkirsche oder Wasserschierling. Die zeitgenössische Medizin setzt dagegen auf künstlich hergestellte Anästhetika.
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Anästhesie – Warum und wofür?
Zentraler Zweck der Anästhesie ist, Operationen und Behandlungen ohne Schmerzen zu ermöglichen. Dazu wird der Körper oder eine Körperregion vorübergehend in den Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit versetzt. Viele Eingriffe wären sonst kaum möglich, weil sie unerträgliche Schmerzen für Patienten/-innen bedeuten würden. Eine „Betäubung” hilft aber auch der operierenden bzw. behandelnden Person bei der Durchführung ihrer Aufgabe. Ohne das würde der Eingriff schwer gelingen und auch die Risiken bei der Behandlung wären in der Regel größer.
Die Beschränkung der Empfindungslosigkeit auf einen überschaubaren Zeitraum ist charakteristisch für die Anästhesie. Das unterscheidet sie von anderen Formen der Schmerzbehandlung. In der Schmerztherapie geht es zum Beispiel darum, für chronisch schmerzbelastete Menschen möglichst dauerhaft Schmerzlinderung, im Idealfall Schmerzfreiheit zu ermöglichen. In der Palliativmedizin steht die Schmerzbehandlung von Schwererkrankten mit nur noch begrenzter Lebenserwartung im Fokus.
Anästhesie – Was gibt es für Narkosearten?
Man unterscheidet drei Grundarten der Narkose: die Vollnarkose bzw. Allgemeinanästhesie, die Teilnarkose bzw. Regionalanästhesie und die örtliche Narkose bzw. Lokalanästhesie.
Während der Vollnarkose sind das Bewusstsein und das Schmerzempfinden komplett ausgeschaltet. Patienten/-innen werden in einen tiefschlafähnlichen Zustand versetzt. Die Anästhetika werden intravenös zugeführt und/oder eingeatmet (Inhalationsanästhesie). Zusätzlich werden Mittel zur Muskelentspannung verabreicht.
Die Teilnarkose (Regionalanästhesie) betrifft eine bestimmte Körperregion, in der Regel den Operationsbereich. Das Schmerzempfinden wird dort ausgeschaltet, man bleibt aber wach und ist ansprechbar. Eine besondere Form ist die Spinalanästhesie (rückenmarknahe Form der Regionalanästhesie).
Bei der Lokalanästhesie wird eine örtliche Betäubung „bei vollem Bewusstsein” vorgenommen. Es wird nur die Schmerzweiterleitung des jeweiligen Nervs unterbrochen. Typisches Beispiel für Lokalanästhesie ist die Spritze beim Zahnarzt. Man unterscheidet Oberflächenanästhesie (Auftragen des Anästhetikums auf Haut/Schleimhaut) und Infiltrationsanästhesie (Spritzen des Anästhetikums ins Gewebe).
Voraussetzungen und Kriterien
Art und Umfang der Anästhesie richten sich nach der Schwere des jeweiligen Eingriffs bzw. der zu erwartenden Schmerzintensität einer medizinischen Maßnahme. Bei Menschen ohne Vorerkrankungen ist die Vollnarkose normalerweise kein Problem. Bei schweren Grundleiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Asthma, sonstigen Lungenleiden oder Diabetes besteht ein erhöhtes Risiko von Komplikationen. Anästhesisten/-innen wählen jeweils das Narkoseverfahren, das den größten Nutzen und das geringste Risiko bedeutet.
Für Allgemeinanästhesien und rückenmarksnahe Anästhesien sind ausschließlich Anästhesisten/-innen zuständig – ggf. assistiert Anästhesie-Fachpflegepersonal. Örtliche Betäubungen können auch von einem/-r Arzt/Ärztin ohne Spezialisierung in der Anästhesie durchgeführt werden.
Anästhesie – Vorteile und Risiken
Die Anästhesie hat folgende Vorteile:
- Bei Vollnarkose: allumfassende Abschirmung des/-r Patienten/-in vom Eingriffsgeschehen, vollkommene Schmerzfreiheit, Erleichterung der Arbeit des/-r Operateurs/-in
- Bei Teilnarkose: Wachbleiben wird oft positiv empfunden, Kommunikation mit Patient/in weiter möglich, schnellere „Normalisierung” hinterher
Doch es gibt auch Risiken zu beachten:
- Bei Vollnarkose: Verschluckungsgefahr mit erhöhtem Risiko einer Lungenentzündung, Komplikationen bei schweren Vorerkrankungen; Heiserkeit, Halsschmerzen, Zahn- und Stimmbandschäden durch künstliche Beatmung
- Bei Teilnarkose: Verletzung von Nerven und Gefäßen durch Punktionsnadel – besonders gravierend bei Rückenmarksanästhesien, Entzündungen an Einstichstellen
Anästhesie – Ablauf: Beispiel Vollnarkose
Die Vollnarkose ist die tiefgreifendste aufwändigste und am meisten überwachungsbedürftige Betäubung. Die Vorbereitung beginnt damit, dass Patienten/-innen nüchtern sein müssen und alle hinderlichen Teile am Körper (Zahnprothesen, Schmuck, Ringe, Haarklammern usw.) entfernt werden.
Im Vorbereitungsraum legt das Narkoseteam zunächst einen Venenzugang. Das Gesundheitsbefinden wird nochmals gecheckt und ggf. gibt man ein Beruhigungs- oder Schlafmittel.
Im OP-Saal wird dann über den Venenzugang und meist auch über eine Atemmaske das eigentliche Narkosemittel verabreicht. Es besteht aus einem Schlafmittel, einem Schmerzmittel und einem Mittel zur Muskelerschlaffung. Der Körper fällt darauf bereits nach kurzer Zeit in einen Tiefschlaf-Zustand. Für die Unterstützung der Atmung legt man durch den Mund einen Schlauch in die Luftröhre (Intubation). Während der Narkose werden Herzaktivität (EKG), Blutdruck, Atmung, Sauerstoffversorgung, Körpertemperatur und manchmal auch Hirnströme (EEG) laufend überwacht.
Nach Ende des Eingriffs wird die Verabreichung des Narkosemittels gestoppt. Es folgt die Aufwachphase – meist in einem Überwachungsraum, dem Aufwachraum. Bis zur vollen Wiedererlangung des Bewusstseins kann es etwas dauern. Nach dem Aufwachen schließt sich die Erholungsphase an, bis alle Körperfunktionen wiederhergestellt sind.
Das Anästhesiegespräch
Das Anästhesiegespräch vor einem Eingriff, einer Operation oder einer Behandlung ist Pflicht, wenn eine Voll- oder Teilnarkose ansteht. In dem Gespräch geht es darum, Patienten/-innen über Ablauf, Vorteile und Nachteile der in Betracht kommenden Anästhesieverfahren aufzuklären. Weiterer Zweck ist das Abklären möglicher Risiken: Dazu wird u. a. die Krankengeschichte erhoben, um eine Abschätzung des Narkoserisikos vornehmen zu können. Im Zusammenhang mit dem Anästhesiegespräch finden – meist kurze – klinische Untersuchungen zum Gesundheitszustand statt. Bei schwierigen Fällen können diese auch länger dauern. In vielen Krankenhäusern gibt es eine Präanästhesieambulanz extra für solche Untersuchungen.
Anästhesie – Berufe und Karrierechancen
In Österreich wird man mit der Facharztausbildung „Anästhesiologie und Intensivmedizin” zum/-r Anästhesisten/-in. Voraussetzung dafür ist ein abgeschlossenes Studium der Humanmedizin. Die Ausbildung dauert insgesamt mindestens sechs Jahre. Sie besteht erstens aus einer allgemeinverpflichtenden, neunmonatigen Basisausbildung, zweitens einer dreijährigen Grundausbildung und drittens einer siebenundzwanzigmonatigen Schwerpunktausbildung mit entsprechenden Vertiefungsmöglichkeiten.
Anästhesiologie bietet auch Berufschancen im Bereich der Pflege: Für Gesundheits- und Krankenpfleger/innen des gehobenen Dienstes besteht die Möglichkeit, sich im Bereich der Anästhesiologie zu spezialisieren. Dazu werden entsprechende Fort- und Weiterbildungen im Bereich „Anästhesie-Pflege” angeboten. Die Pflege-Ausbildung findet im Rahmen von ein- bis anderthalbjährigen akademischen Lehrgängen an Fachhochschulen statt.
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